Die deutsche Sprache hat sich über Jahrtausende entwickelt, geprägt durch Lautverschiebungen und Veränderungen in Wortschatz und Grammatik. Auch die Jugendsprache beeinflusst die deutsche Sprache insbesondere durch soziale Medien. Dieser Text beleuchtet die sprachliche Entwicklung und den Einfluss der Jugendsprache.
Ein Blogeintrag von Mohaddessa Hosseini
Die deutsche Sprache durchfuhr eine Sprachentwicklung vom indoeuropäischen bis zu dem Deutsch, das wir heute kennen. In der Literaturgeschichte kann man von einer Ursprache, das Indoeuropäische (6000 v. Chr.), die sich weiterentwickelt hat, indem sie an sogenannten Lautverschiebungen teilgenommen hat, sprechen. Eine Lautverschiebung ist ein Prozess, bei dem sich die Aussprache bestimmter Laute systematisch verändert. Die erste Lautverschiebung, an der das Indoeuropäische beteiligt war, betraf die Konsonanten: P wurde zu F, T wurde zu D, und weitere Konsonanten veränderten sich ebenfalls. Diese Lautverschiebung ist der wichtigste Unterschied zwischen der indoeuropäischen Sprache und der germanischen Sprache (500 v. Chr.), die sich aus dem Indoeuropäischen entwickelte. Aus dem Germanischen entstand das Althochdeutsch (750 n. Chr.), das von der zweiten Lautverschiebung geprägt wurde. Dabei wurden auch Wörter des Germanischen übernommen, welche die erste Lautverschiebung verpasst haben.
Da die Sprachen Latein, Französisch und Griechisch die erste Lautverschiebung nicht mitgemacht haben, dienen sie als Referenzsprachen für das Englische, das Plattdeutsche und skandinavischen Sprachen, da sie nur an der ersten Lautverschiebung teilgenommen haben, aber nicht an der zweiten. Beim Vergleichen dieser Sprachen kann man deshalb gut die Lautverschiebungen erkennen, welche die jeweiligen Sprachen durchgemacht haben.
Aus dem Althochdeutschen entwickelte sich dann das Mittelhochdeutsch (1200 n. Chr.) mithilfe der Nebensilbenabschwächung. Wie der Name schon sagt, lag der Fokus dieses Prozesses bei der Vereinfachung der verschiedenen Varianten, indem man die Nebensilben der Wörter abschwächt. Etwa 400 Jahre später entstand dann das Niederhochdeutsch. Dabei wurden je nach Wort Zweifachlaute zu Einfachlauten (Monophthongierung) oder Einfachlaute zu Zweifachlaute (Diphthongierung) umgewandelt.
Nach diesen vielen Prozessen kam es dann zur Entstehung der Standardsprache, die zuerst im Bereich des Schriftlichen stattfand. Schreibsprachen waren immer von regional gesprochenen Dialekten beeinflusst worden. Gleichzeitig beeinflusste die Schriftlichkeit das Mündliche. Die verschiedenen Schreibdialekte wurden mit der Zeit angeglichen, weil immer weniger mündliche Formen bevorzugt worden sind. Martin Luther trug mithilfe seiner Bibelübersetzungen auch dazu bei, eine einheitlichere Sprache zu schaffen. Dadurch wurden einige Wörter standardisiert, die wiederum einen Einfluss auf die gesprochene Sprache hatten.
Ähnlich wie regionale Dialekte einen Einfluss auf die Sprache hatten, und umgekehrt, kann man solch einen Einfluss auch von der Jugendsprache aus auf die Standardsprache erkennen. Die deutsche Jugendsprache verändert sich ständig, da Jugendliche sich bewusst von der Standardsprache und somit von Gruppen, die sich an dieser Sprache bedienen, abgrenzen wollen. Dabei werden häufig Wörter erfunden, bestehende Begriffe umgedeutet oder Wörter aus anderen Sprachen übernommen. Vor allem das Englische hat einen grossen Einfluss auf diesen Prozess. Begriffe wie «cringe» sind fest im Wortschatz vieler Jugendlicher verankert. Zudem spielen die sozialen Medien eine entscheidende Rolle in dieser Entwicklung der deutschen Jugendsprache. Plattformen wie TikTok verbreiten oft in kürzester Zeit neue Begriffe. Durch Memes und Trends entstehen Wörter, die auch international gebraucht werden. Diese Art der Sprachveränderung gab es in früheren Jahrhunderten nicht in dieser Geschwindigkeit. Während es früher Jahrzehnte dauerte, bis sich sprachliche Veränderungen durchsetzen konnten, kann heute ein einziger viraler Post genügen, dass eine Grosszahl der Menschen die Wörter nutzen. Bei der Abgrenzung von der Standardsprache geht es nicht nur darum, andere Wörter zu nutzen, sondern auch um Veränderungen in der Grammatik und Satzstruktur. Verkürzte Sätze und das Weglassen von Artikeln sind typisch für die Jugendsprache. Doch wie beeinflusst eine so abgegrenzte Sprache die Standardsprache?
Wie erwähnt verbreiten sich die meisten Jugendwörter mithilfe der sozialen Medien und weil ein Grossteil der Bevölkerung die Wörter regelmässig nutzt und dies über einen längeren Zeitraum, werden Wörter, die vor allem bekannter und verständlicher als andere sind, der Jugendsprache indirekt Teil der Standardsprache angesehen. Beispielsweise wurde das Wort «cool» von so vielen über einen längeren Zeitraum genutzt, die Bedeutung war vielen klar und das Wort war standhaft und blieb konstant im Sprachgebrauch. Hingegen der Ausdruck «sheesh», der um die Coronazeiten populär war, jetzt von niemandem mehr genutzt und fast ausgestorben ist.